RUNDGANG (TEIL 1)

Von der Kirche aus durchs Dorf: St. Johannis früher und heute


Von > Herbert Popp 

Kursiv: Aktualisierungen und Ergänzungen

 

(1) Der Altentrebgastplatz, der Ausgangspunkt des Rundgangs ist, erinnert an die Geschichte des Ortes St. Johannis. 

 

Das Pfarrdorf St. Johannis, das erst 1939 nach Bayreuth eingemeindet wurde, ist einer der ältesten Siedlungsplätze im Bayreuther Becken. Einige Historiker vermuten, dass der Ort, der früher (Alten-)Trebgast hieß, jener Ort ist, der nach den Giechburgverträgen von 1143/ 1149 nicht mehr befestigt werden durfte und an dessen Stelle möglicherweise die Grafen von Andechs nicht weit entfernt das heutige Bayreuth gründeten: als Ersatzsiedlung für Altentrebgast...

  

Von den heute noch erhaltenen Gebäuden sind die Kirche, das Schloss von St. Johannis (das derzeit als Justizvollzugsanstalt genutzt wird) und das gegenüberliegende frühere Gasthaus, das unzutreffenderweise oft auch als Schlossgut bezeichnet wird, die ältesten und markantesten Baudenkmäler (aus dem 14. -17. Jahrhundert). 

 

Die Pfarrkirche von St. Johannis liegt auf einem Sandsteinsporn des Roten Mains. Sie ist eine ursprüngliche Wehrkirche und hatte am gegenwärtigen Standort wohl schon einen Vorläufer, ist in der jetzigen Erscheinung aber in den vierziger Jahren des 18. Jahrhunderts als Barockkirche entstanden. Hinter dem Kanzelaltar sind ältere spätgotische Fresken erhalten, die aus dem 15. Jahrhundert stammen.

 

(2) Wir folgen der Steinachstraße nach Süden und erreichen das Schloss (rechter Hand) und das Gasthaus (ehemals “Angerer“, linker Hand). Beide ragen durch ihr Alter und ihre stattliche bauliche Erscheinung aus den umgebenden kleinen Häusern heraus. Die Straße, die über das Maintal weiter in Richtung Laineck führt, ist nicht ausgebaut und auch nicht hochwasserfrei. Eine Straßenbarriere vor dem Schloss ... wird im Überschwemmungsfall geschlossen und die Durchfahrt so verhindert. Lediglich ein bescheidener Ortsverbindungsverkehr fließt über diese Straße.

 

Das Schloss, das erstmals 1308 erwähnt wurde, war Ministerialensitz derer von lmhof. 1616 fielen das Gut und das Waldareal durch Ankauf von dem Kanzler Varell an die Markgrafen, die ab 1664 aus der Waldfläche einen umzäunten Jagd- und Tiergarten machten. Das Schloss gelangte Mitte des 18. Jahrhunderts in Privatbesitz und wurde zu einer Brauerei umgewandelt, die ab 1845 als Schiedelsches Brauereigut genutzt war.

 

Seit 1957 ist es ein landwirtschaftlicher Betrieb, der von der Justizvollzugsanstalt betrieben wird (als Filiale der JVA in St. Georgen). Nach Bränden von 1959 und 1984 wurde das Anwesen grundlegend unter Beachtung des Denkmalschutzes saniert. Besonders der Rittersaal mit seinen Fresken wurde sehr ansprechend gestaltet. Durch seine Funktion als Gefängnis, dessen etwa 40 Inhaftierte im sog. Herrenhaus wohnen, ist das Schloss in seinem Innern aber leider nur wenig bekannt.

 

Dem Schloss gegenüber liegt das ehemalige Wirtshaus. Heute wird das Haus nach einer grundlegenden Sanierung als Bürogebäude genutzt. Dazwischen steht auf der Südseite des Platzes, der zu dem sich hier die Steinachstraße erweitert, ein weiteres auffälliges Gebäude: Das ehemalige „Rathaus“ von St. Johannis. Es wurde 1929 für die damals noch selbständige Gemeinde gebaut und enthielt ein Amtszimmer und Wohnungen. Heute ist es nur noch Wohnhaus. St. Johannis wurde 1939 nach Bayreuth eingemeindet.

 

Wir biegen nach links ab in den Sandnerweg. Der Dorfkern, in dem wir uns bewegen, lässt kaum Spuren ehemals landwirtschaftlicher Betriebe erkennen. In der Tat war St. Johannis vor allem ein Rittergut (das Schloss) mit einem einzigen großen landwirtschaftlichen Betrieb und sechs weiteren landwirtschaftlichen Kleinbetrieben. Das übrige Dorf war stark gewerblich ausgerichtet, so z.B. mit Leinewebern, die nach Gründung der Flachsfabrik in Friedrichsthal von 1846 auch vielfach dorthin als Textilarbeiter pendelten. Der handwerklichen Ausrichtung entsprechend sind die Häuser in St. Johannis meist recht klein und ohne Scheunen- oder Stallanbauten. St. Johannis war ein Arbeiterdorf. Der Urkataster (s. Karte bei > Geschichte/Um 1850) verdeutlicht auch, dass das Dorf Sr. Johannis noch Mitte des 19. Jahrhunderts nicht bis an die heutige Eremitagestraße reichte.

 

(3) Wir verlassen den historischen Teil von St. Johannis und biegen nach rechts in den Waldsteinring ein. An der Ecke befindet sich das ehemalige Feuerwehrhaus, das heute nur noch als Lagerraum für alte Ausrüstungen dient. Wir befinden uns im Flurstück Gstöckig, wo (nach der Ochsenhut) das zweite neu ausgewiesene Einfamilienhausgebiet im St. Johannis der Nachkriegszeit entstanden ist. Es wurde in den siebziger Jahren mit freistehenden Satteldachhäusern, Doppelhaushälften und Reihenhäusern, die sehr nahe an der damals kaum befahrenen Autobahn liegen, errichtet. Das bevorzugte Wohngebiet für eine gehobene Sozialschicht mit einer Lage direkt über der Flusskante des Roten Mains verlor mit der Wende infolge des hohen Verkehrsaufkommens auf der Autobahn an Wohnqualität.

 

Wir verlassen das Viertel Waldsteinring, gehen  am Friedhof von St. Johannis vorbei und folgen der Eremitagestraße in Richtung Osten. Rechter Hand, jenseits der Straße, ragt der Fernmeldeturm als das neue Wahrzeichen von St. Johannis seit 1963 empor. Entlang der gesamten Straße findet man nur noch einen kleinen Einzelhandelsbetrieb (Bäckereifiliale). Ansonsten ist St. Johannis zum reinen Wohnort geworden, wurden doch die Post, Bankfilialen und Geschäfte schon lange geschlossen.

 

(4) Auf Höhe der Ziegelleite gegenüber dem „Kriegerdenkmal“ biegen wir nach links in den Varellweg ab, der vor der Einführung der offiziellen Staßennamen in den 60er Jahren schlicht und einfach „das Dorf“ genannt wurde. Die Wirtschaft Maisel mit angeschlossener Metzgerei (am unteren Ende der Straße) ist noch der einzige lokale Versorgungsbetrieb im Dorf. Wir befinden uns weiter oben am Varellweg. Hier ist das Gasthaus „Backstaberg“ (jetzt mit griechischer Küche!), dessen Name an die ehemalige Ziegelei in St. Johannis erinnert. Kurz dahinter gehen wir nach rechts durch eine der schmalen alten Gassen und treffen gegenüber dem Kindergarten  wir auf die Sonntagstraße. Sie ist nach dem Bürgermeister Andreas Sonntag benannt, der von 1919 bis 1933 die Gemeinde St. Johannis leitete. Entlang der Sonntagstraße reihen sich kleine Arbeiter-Klinkerhäuschen aus der Zeit um 1900, die inzwischen meist umgebaut oder vergrößert sind. 

 

(5) Wir überqueren die Sonntagstraße, gehen nach rechts und begeben uns über den Seulbitzer Weg zur Siedlung Am Sachsenberg, von den Alteingesessenen „Bauverein“ genannt. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Eremitagepark trifft man auf Mietwohnungen aus drei Phasen: von 1922, von 1938-39 und (leicht erhöht gelegen) von 1965 (vgl. Foto unten). Diese Wohnungen belegen, dass St. Johannis früher ein Arbeiterviertel war. Erstaunlich ist, dass mehrere der Häuser, die ja in einer prestigeträchtigen Vorzugslage ... errichtet wurden, in mehreren Fällen (Hausnummern 6-12) über ein ganzes Jahrzehnt leer standen und dass sie sogar abgerissen (und keineswegs restauriert) wurden. ...

 

Wir gehen durch ein Gartentor am Ostrand der Siedlung in den Schlosspark Eremitage.

 

> Teil 2 des Rundgangs: Durch die Eremitage - Eremitenhof - Ochsenhut 

Die Bilder können durch Klick vergrößert werden.

Die Kirche St. Johannis steht auf einem Felshügel über dem Maintal
Die Kirche St. Johannis steht auf einem Felshügel über dem Maintal
Der AItentrebgastplatz in St.Johannis mit Blick auf das Pfarrhaus von 1701 und die Markgrafenkirche
Der AItentrebgastplatz in St.Johannis mit Blick auf das Pfarrhaus von 1701 und die Markgrafenkirche
Das Schloss von St. Johannis aus dem 16./17. Jahrhundert dient heute als Justizvollzugsanstalt.
Das Schloss von St. Johannis aus dem 16./17. Jahrhundert dient heute als Justizvollzugsanstalt.
Das "Rathaus" (links) und das ehemalige Gasthaus Angerer (links) an der Steinachstraße
Das "Rathaus" (links) und das ehemalige Gasthaus Angerer (links) an der Steinachstraße

Die Fortsetzung der Steinachstraße wurde früher Pfaffenweg genannt, weil Altentrebgast im Mittelalter zur Pfarrei Bindlach gehörte bevor es eine eigene Pfarrstelle erhielt und damit auch den Ortsnamem St. Johannis.

Der Ortskern der Gegenwart von St. Johannis ist immer noch sehr klein und weist eine heterogene Bebauung auf. Im Vordergrund das regelmäßig bebaute Gebiet am Waldsteinring.

Das Fernmeldeamt mit dem Antennenturm
Das Fernmeldeamt mit dem Antennenturm
Die Sonntaggstraße (rechts der Kindergarten)
Die Sonntaggstraße (rechts der Kindergarten)
Blick von der Einmündung des Varellwegs über die Eremitagestraße zum Park.
Blick von der Einmündung des Varellwegs über die Eremitagestraße zum Park.
Blick vom Sachsenberg auf die Kirche und das Gemeindehaus
Blick vom Sachsenberg auf die Kirche und das Gemeindehaus
Zwischen dem Ortskern von St. Johannis und dem Park der Eremitage liegt das Mietwohnungsgebiet Am Sachsenberg...
Zwischen dem Ortskern von St. Johannis und dem Park der Eremitage liegt das Mietwohnungsgebiet Am Sachsenberg...